Gastbeitrag von Dr. Maren Franz
Wenn Frau X nur an die bevorstehende Präsentation vor der Geschäftsführung denkt, wird ihr flau im Magen. Neulich war sie sogar so schrecklich aufgeregt, dass ihr plötzlich die Stimme versagte. Manchmal denkt sie sogar darüber nach, sich vielleicht auf eine andere Stelle - ohne Präsentationen - zu bewerben. Vor jeder Prüfung ist die Studentin Y so unruhig, dass sie nicht schlafen kann, morgens ist ihr übel und in den Prüfungen hat sie immer öfter Blackouts. Prüfungsangst und Redeangst sind Fälle, die im Alltag recht häufig vorkommen - viel häufiger als die Betroffenen selber denken.
Wieso "versagen" diese Menschen in diesen Situationen, obwohl sie fachlich gut vorbereitet sind und auch keinerlei Probleme haben? Was passiert mit ihnen?
Die neurologische Forschung weiss heute, dass die betroffenen Personen (oftmals) eine traumatische Erfahrung erlebt haben, die mit einer sogenannten unkontrollierten Stressreaktion (sie waren also hilflos) einherging, die ihre "Spuren" im Nervensystem hinterlassen hat. Die Spuren dieser "Mini-Traumata" führen dazu, dass durch vergleichbare Ereignisse die traumatische Situation quasi wieder wachgerufen wird und sie körperlich automatisch ähnlich reagieren wie damals.
Dabei ist diese Erinnerung sehr oft unbewusst und wird häufig erst im Coaching wieder bewusst erinnert. Bei Redeangst z.B. findet man oft Ursprungserlebnisse, bei denen der Betroffene von seinem Lehrer vor der ganzen Klasse blossgestellt wurde als er ein Referat vortrug.
Die neurologische Forschung hat inzwischen gezeigt, dass sowohl reale als auch erinnerte und nur vorgestellte belastende Ereignisse dazu führen, dass die sogenannte Stressreaktion ausgelöst wird. Wird eine angstbesetzte Situation über Jahre immer wieder neu erlebt oder imaginiert, so können sich unangenehme oder traumatische Erfahrungen verstärken, da die neuronalen Spuren immer wieder reaktiviert werden. Gerald Huether, ein bekannter Neurobiologe, vergleicht Nervenbahnen mit dem anschaulichen Bild eines Strassennetzes. Durch die wiederholte Benutzung bestimmter Bahnungen - also durch das mehrmalige Wiedererleben - wird aus Trampelpfaden eine breite Strasse. Bei Nichtnutzung degenerieren die Nervenverbindungen, die Strasse verfällt wieder.
Alle Emotionen - egal ob Angst oder Glück - entstehen im limbischen System unseres Gehirns. Hier werden unsere Sinneseindrücke zunächst "verarbeitet", bevor sie an den "denkenden Bereich" unsere Gehirns weitergeleitet werden. Dies hat zur Folge, dass wir erst fühlen und danach denken. Im Falle von unkontrollierten Stressreaktionen wird das Denken jedoch durch die ausgeschütteten Stresshormone blockiert und die Betroffenen fühlen sich hilflos oder erleben ein Blackout.
mehr unter www.pruefungsangst-winterthur.ch
Die bewusste Anstrengung, das Problem in den Griff zu kriegen, sich irgendwie "zusammenzureissen", gelingt selten und ist oft eher kontraproduktiv, da man sich dabei zu sehr auf das Angstmachende fokussiert und diese Überaufmerksamkeit verstärkt dann das Problem.
Über das Problem zu reden, das nützt meist mässig weiter. Damit wird häufig nur die Stresserfahrung wieder reaktiviert.
Dass in diesen Fällen Coachingmethoden aus dem NLP/Mentaltraining oft überraschend gut helfen, liegt daran, dass sie die Ursprungssituation und die ängstigenden Gegenwartssituationen emotional neu positiv erleben lassen. Durch dieses Neuerleben entstehen dann neue Nervenmahnungen, die eine andere Reaktion in den ehemals angstbesetzten Situationen ermöglichen. Hierbei kommt die oben bereits erwähnte Tatsache, dass aus imaginierte Situationen neurobiologische Spuren hinterlassen, zum tragen.
Im folgenden möchte ich noch kurz zwei Coachingtechniken aus dem NLP, die sich sehr gut ergänzen, vorstellen.
Bei der NLP-Technik "Change-History" (Veränderung der persönlichen Geschichte) wird die aktuelle angstbesetzte Situation noch einmal vorgestellt und der Klient begibt sich auf die innere Suche, woher er dieses Angstgefühlt kennt. In der Regel erinnert er sich dann an eine unschönes Kindheitserlebnis. Dieses Ursprungserlebnis - genau genommen die Erinnerung daran - wird nun verändert, indem der Erwachsene sich vorstellt (imaginiert), wie er dem verängstigten Kind Hilfe gibt, soviel, dass das Kind mit dem Ursprungserlebnis stressfrei umgehen kann, statt hilflos zu erstarren. Diese Imagination verändert das emotionale Erleben der Ursprungssituation und damit auch die Erinnerung daran. Im Idealfall wird damit auch der Auslöser für den heutigen Stress neutralisiert, so dass man sich in der ehemals angstbesetzten Situation wie ein erwachsener Mensch fühlt und entsprechend kompetent verhalten kann.
Im Anschluss an diese Bearbeitung des Ursprungserlebnisses kann man dann in einer weiteren Sitzung sehr gut eine Technik aus dem Mentaltraining anwenden. Vereinfacht gesprochen wird dabei - in leichter Trance - imaginiert, wie man zukünftige - ehemals angstbesetzte - Situationen erfolgreich meistert. Diese Technik ist auch allgemein zur Vorbereitung auf schwierige Situationen sehr gut geeignet.
Spitzensportler und Berufsmusiker nutzen ähnliche Imaginationstechniken zur Leistungssteigerung, indem sie sich plastisch vorstellen wie sie z.B. ein perfektes Ass schlagen oder den idealen Hochsprung hinbekommen.